1998 – Ihr nehmt unsere Leistung – dann nehmt uns ganz!

noch schöner, noch besser, noch bunter …

soll der CSD dieses Jahr werden. Am 18. Und 19. Juli wollen wir auf der Konstablerwache den Frankfurter /innen mal wieder zeigen, wie man richtig Feste feiert.
Noch mehr Spaß werdet Ihr hoffentlich beim Programm haben, daß wir für Euch auf die Beine gestellt haben. Natürlich gibt es auf der Bühne wieder jede Menge Show und Gesang ‚natürlich gibt es wieder DJ’s, die Euch zum Tanzen bringen, und natürlich gibt es auch wieder ruhige Ecken, in denen man sich mit der neuen CSD-Bekanntschaft gesittet unterhalten kann.
Noch mehr Sonne als im letzten Jahr kann ja wohl nicht schwer sein. Versprechen können wir es allerdings nicht; wir tun aber unser Bestes, damit Ihr Eure knappsten T-Shirts auch tragen könnt, ohne zu frieren. Noch mehr Frischfleisch werden die schwul-lesbischen Gastronomen, aber auch die Vereine sicherlich anbieten. Und ganz bestimmt auch vieles mehr, damit keiner hungrig oder durstig vom Platz gehen muß. Und trotzdem noch genauso wichtig – das sollten wir bei aller guten Laune nicht vergessen: der CSD ist nicht nur Party. Wir wollen lesbisch- schwules Selbstbewußtsein zeigen. Und gerade im Jahr der Bundestagswahl wollen wir klar machen, daß es immer noch ein weiter Weg ist, bis alle Diskriminierungen für Lesben und Schwule verschwunden sind. Deshalb haben wir natürlich auch wieder ein politisches Programm auf die Beine gestellt. Undnatürlich gibt es wieder eine Tombola für die AIDS-Hilfe Frankfurt. Und jetzt: viel Spaß beim Sehen und Gesehenwerden auf dem CSD in Frankfurt wünscht Eure
Frankfurt Community e.V.

Lesbenparties, Lesbengruppen, Lesben-Darkroom, Lesbenplenum …

in Frankfurt bietet sich Lesben und solchen, die es werden wollen, ein volles Programm. Das war nicht immer so. Nach 1971, als die Ideen der Christopher Street nach Deutschland schwappten, bewegte sich das Bemühen von Lesben uni eigene Ausdrucksformen und eine spezifische Politik lange Zeit in einem Spannungsfeld der Anlehnungen. Mit den Schwulen teilte frau die Außenseiterinnenrolle, aber nicht die Freude an Schwänzen, Körpern und permanenter Brunst. Für die Frauenbewegung war das Engagement von Lesben ein wichtiger Motor, doch gesteuert wurde von Heteras, und die fuhren nunmal lieber, wenn auch mit kämpferischem Volldampf, auf Männer zu.

Erst um 1980 entstanden in Frankfurt erste reine Lesbenprojekte: die Lesbengruppe im Frauen-und Lesbenreferat der Uni – noch heute aktiv – und das LAZ, das Lesbische Aktionszentrum. Aus Frühzeiten stammt auch die schöne Sitte, in der Nacht vom 31. April zum 1. Mai gemeinsam mit einigen mutigen Heteras durch die Stadt zu ziehen, sich offen lesbisch oder gar nicht nett zu benehmen und möglichst viele Heteros zu erschrecken. Mit der Walpurgisnacht können Lesben auf eine Tradition zurückgreifen, die Act Up und Oueer Nation zu späten Nachahmern stempelt. Mitte der 8oer ist die Gründung der legendären Theatergruppe LesThraFam (bis g6) zu vermelden, des Sportvereins Artemis, der Beginn der Lesbenrallyes und ab 1987 ein Lesben-Filmfest, der Vorläufer von „Good Vibrations“. 1990 entstanden Lebendiges Lesben Leben LLL e.V., die Lesbenberatung LIBS, das „Jederfrau-Fußballturnier und das Lesben-Archiv. Vorausgegangen war 1989 ein Großereignis: das Lesben-Pfingsttreffen, das erste und bisher einzige in Frankfurt. Dieses politische und kulturelle Forum findet in Deutschland seit 1972 (!) statt, und brachte ’89 rund 2000 Lesben auf das Unigelände. Für viele eine atemberaubende Erfahrung, gab es damals doch noch keine der großen Parties und Paraden, bei denen Lesben heute ihre Sichtbarkeit und ihr Selbstbewußtsein demonstrieren.

Wenn frau, lady, gaygirl, butch oder femme sich 1998 in Frankfurt umschaut, findet sie Kultur, Vorträge, Lesungen, Tanzkurse, Chöre, Sport und Selbstverteidigung für Lesben, Gruppen von Migrantinnen, Managerinnen oder Müttern, Lesben in der Kirche oder Lesben in der Uni, junge Lesben und Lesben ab 40, und dazu noch 15 schwul-lesbisch gemischte Gruppen. Nicht zu vergessen das umfangreiche Wissen über lesbische Geschichte und Gegenwart in den beiden Institutionen, die uns mit Informationen für diesen Artikel unterstützt haben: das Lesben-Archiv und die Lesbenberatung LIBS. Und es könnte mehr sein. In und um Frankfurt leben schätzungsweise 50.000 Lesben. Gerade „GayLive“ und der CSD wären doch ein guter Anlaß: Eure Ideen sind gefragt, Ladies!

Frankfurt Community e.V.

Demo • 18.07.98 • 11:00 Uhr • Alte 0per

Ihr nehmt unser Leistung – dann nehmt uns ganz! Am Arbeitsplatz haben die meisten von uns auch heute nichts zu lachen. Die anderen um so mehr: Schwulenwitze und Lesbensexgeschichten gelten immer noch mit als die beste Auflockerung für den öden Alltag im Betrieb.

Diskriminierung am Arbeitsplatz hat viele Gesichter. Manchmal ist sie offen; durch Witze und Anspielungen. Durch soziale Ausgrenzung. Durch Beschimpfen und Drohungen. Und vor allem gegen Lesben zusätzlich durch sexuelle Belästigung. Manchmal versteckt; durch Ablehnung einer Bewerbung oder Beförderung unter fadenscheinigen Gründen. Durch das Desinteresse von Betriebsräten oder Frauenbeauftragten. Oder durch Mobbing, bis der „Störfaktor“ freiwillig geht. Oder sie liegt tief in der Struktur, so daß wir erst gar nicht wagen, uns ganz offen und natürlich zu geben: Wo einfach immer vorausgesetzt wird, daß es nur Heteros gibt. Wo unsere Partner/innen nicht in den Genuß der gleichen Vergünstigungen kommen wie die Partner/innen der heterosexuellen Kollegen/innen. Wo man Anti-Diskriminierungsklauseln für unnötig hält. Wo wir unsichtbar sind.

Damit muß Schluß sein! In der deutschen Arbeitswelt müssen endlich die AntiDiskriminierungsrichtlinien der Europäischen Union umgesetzt werden, die dieses Land unterschrieben hat. Und die Verantwortlichen der Betriebe sollten endlich ernst machen mit den Versprechen aus ihren Sonntagsreden, wie wichtig ihnen ihre Mitarbeiter/innen seien. Denn eins ist sicher: Wer nicht frei atmen kann, wer sich verstecken muß oder Angst hat, gemobbt,belästigt und diskriminiert zu werden, kann keine gute Arbeit leisten.

Was können wir tun ? Am 18. Juli demonstrieren, jeden Tag handeln: Wir können selbst an unseren Arbeitsstellen eine positive Atmosphäre fördern. Diskriminierung, Mobbing und sexueller Belästigung entgegentreten. Uns mit anderen Betroffenen solidarisieren. Wir können auf diejenigen einwirken, die sich am leichtesten ansprechen lassen: Betriebsräte, Frauenbeauftragte etc. Oder die Vernünftigen unter Kollegen/innen und Vorgesetzten. Wir können die unterstützen, die uns unterstützen: lesbische und schwule Gewerkschafter/innen- oder Berufsgruppen, politische Interessenvertreter/innen und Lesben- bzw. Schwulen- verbände. Wir können unsere Macht als Kunden/innen einsetzen und Betrieben, in denen diskriminiert wird, unter unmißverständlichem Protest unser Geld entziehen.

8 Stunden Arbeit – 24 Stunden lesbisch oder schwul! Lesben und Schwulen Demo/Parade am 18.07.98 Start 11.00 Uhr • Opernplatz und queer durch die City bis zur Konstablerwache.

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